“Ach, füllt euch doch selbst!”

Ihr kennt das vermutlich, das Quartal neigt sich dem Ende, und plötzlich stellt jemand einen Termin mit der Bezeichnung “Quarterly Business Review” (oder ähnliches) ein. Und schlagartig schreckt ihr hoch und denkt euch: “Da war doch noch was”. Ihr sucht nach dem passenden Template vom letzten Quartal(in der Hoffnung, dass es zwischenzeitlich nicht geändert wurde), und versucht alle relevanten Daten zusammenzustellen. Sollte ja nicht so schwer sein. 

Einige Stunden später stellt ihr fest, dass “sollte ja nicht so schwer sein” in “woher soll ich denn wissen, was vor drei Monaten war?” verwandelt hat. Ihr sitzt vor der fast leeren Datei, die Überschriften im Template schreien euch an,: “Füll mich!”. Aber wie war das nochmal mit diesem einen Projekt? War das schon vor dem Quartalsanfang fertig, oder nicht?

Einige Tage, manchmal sogar Wochen, gehen ins Land, bis das Dokument halbwegs fertig ist. Mittlerweile seid ihr mitten im nächsten Quartal. Da ihr nicht die einzigen seid, die länger gebraucht haben, findet die Besprechung des Quartalsberichts auf dem halben Weg zum nächsten statt. Die Zahlen sind mittlerweile schon kalter Kaffee und man hat mindestens sechs Wochen verloren, in denen man Pläne zur Verbesserung der eigenen Abteilung oder Organisation hätte planen und umsetzen können. Und so richitg interessen gar keinen mehr, was ihr da geschrieben hab. Ist ja schon zu lange her. 

Aber muss das so sein? Den Gedanken hatte ich, als ich ebenfalls vor einigen Quartalen zu einem fast leeren Dokument saß und den Überschriften am liebsten geantwortet hätte: “Füllt euch doch selbst!”

Als ich so vor erwähnter Datei saß, ärgerte ich mich, dass ich nicht schon vor drei Monaten angefangen hatte, das Dokument zu füllen. Vielleicht immer ein klein wenig. Ja, warum eigentlich nicht?

Und schon wurde die Idee geboren, wie wir unsere Quarterly Business Reviews einfacher machen können – History Writing.

History Writing

Das Prinzip dahinter ist simpel, du fängst mit dem Schreiben deines Reviews nicht am Ende, sondern am Anfang an. Also nicht erst am Ende des Quartals (oder der Periode), sondern wenn es startet. 

Klingt erst einmal komisch, oder? Wie soll man dann am Anfang schon wissen, was man reportet? Woher soll ich wissen, was geklappt hat und was nicht? Woher kenne ich denn die KPIs am Ende des Quartals?

Und im Prinzip heißt die Antwort ”Das ist ganz einfach”. Oder zumindest ein “fast ganz einfach”. Denn was ihr habt, oder zumindest haben solltet, ist eure Planung. Ihr habt ja eine Idee davon, was ihr in den nächsten drei Monaten schaffen wollt, welche KPIs zu verbessern sind, welche Projekte angefangen oder beendet werden sollen. 

Damit habt ihr eigentlich schon alles, um jetzt schon mit dem Bericht anzufangen. Und genau das, was ihr erreichen wollt, schreibt ihr jetzt einfach auf – nur halt in der Vergangenheitsform.

Statt: “Im dritten Quartal werden wir Projekt Unicorn abschließen und damit eine Umsatzsteigerung von drei Prozent erzielen”, schreibt ihr “Im dritten Quartal haben wir Projekt Unicorn abgeschlossen und dadurch eine Umsatzsteigerung von drei Prozent erzielt.”   

Jetzt mag der berechtigte Einwand kommen, dass ich ja noch gar nicht weiß, ob Projekt Unicon abgeschlossen werden kann. In diesem Fall wäre das Schreiben dieses Satzes reine Zeitverschwendung. 

Das mag so sein. Ich behaupte aber, dass mindestens 80% Prozent von dem, was ihr schreibt, so oder so ähnlich eintreffen wird. Die Abweichung von eurer Planung wird also im Regelfall nicht wirklich groß sein, wir reden hier ja schließlich nur über einen Zeitraum von drei Monaten. Und solltet ihr doch am Ende alles umschreiben müssen, habt ihr einen deutlichen Indikator dafür, dass etwas mit eurer Planung nicht stimmt. Und ganz ehrlich, dann habt ihr ein ganz anderes Problem. 

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Und jetzt nur noch aktualisieren

Nachdem ihr das Dokument geschrieben habt, könnt ihr euch dann erst einmal entspannt zurücklehnen. Wenn alle anderen dann gegen Ende des Quartals hektisch nach den Templates suchen und die leeren Dateien auf ihren Bildschirmen anbrüllen, dass sie sich doch gefälligst selbst füllen sollen, zückt ihr euer Dokument aus der Tasche und trinkt entspannt einen Tee. 

Naja, ganz so einfach ist es dann doch nicht, aber fast. Was ihr jetzt noch machen müsst, ist euch alle paar Wochen hinzusetzen und relevante Änderungen in das Dokument einzubauen. 

Läuft Project Unicorn, doch nicht wie geplant? Sind Mitarbeiter unerwartet langfristig ausgefallen? Kamen Zusätzliche Aufgaben vom Management Board? Gab es unerwartete Änderungen in der Firma, die eure Pläne beeinflussen? War die Planung doch zu optimistisch? 

Schreibt einfach an eurem Dokument weiter und aktualisiert die Vergangenheit und passt sie an die neuen Gegebenheiten an. Das Zeitintervall ist euch überlassen und hängt auch von der Zeitspanne, den ihr berichten und der Größe eurer Organisation und anderen Faktoren ab. Ihr braucht auch keine regelmäßigen Intervalle. Das ist ganz euch überlassen. Ihr solltet aber regelmäßig die Achievements aktualisieren, um zu vermeiden, dass ihr am Ende dann wieder nicht genau wisst, was passiert ist. 

Mach doch mal einer nen Plan

Apropos Plan. History Writing hilft euch ganz nebenbei noch zu einer besseren Planung. Denn dadurch, dass ihr vorab schon schreiben wollt, was fertig sein soll, müsst ihr euch damit schon am Anfang auseinandersetzen. Das heißt, dass ihr euch bereits schon einen Überblick über die nächsten drei Monate verschafft, anstatt euch von Sprint zu Sprint zu hangeln.

Das hilft nicht nur euch, sondern ist auch hilfreich für ihre Mitarbeiter und Stakeholder, die das Ziel für das Quartal feststecken. 

Ihr könnt diese Methode also benutzen, um sie mit eurer Planung abzugleichen, oder – und das ist die hohe Kunst  – es gleich als eure Planung zu verwenden. Das hilft, noch einmal realistisch zu hinterfragen, ob die Planung auch stimmig ist. Dadurch, dass ihr jetzt schon schreibt, was ihr berichten wollt, seid ihr gezwungen, euch mit den entsprechenden Ergebnissen auseinanderzusetzen, bevor ihr anfängt. Ihr vermeidet beispielsweise, dass ihr versucht ein wichtiges KPI zu tracken, was vom Bericht am Ende erwartet wird.  

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Paint it … not Black

Eigentlich war es das auch schon. Die Methode ist so einfach wie effizient. Je nach Geschmack, dann muss man sie aber noch an die eigentlichen Bedürfnisse anpassen. 

Als wir das erste Mal damit gestartet sind, fiel uns folgende Herausforderung auf. Wenn man über das Quartal hinweg an dem Dokument schreibt, wie unterscheidet man die Zukunft von der Vergangenheit?

Wir hatten uns für einen monatlichen Check-in entschieden und das Dokument mit allem aktualisiert, was bereits passiert war, also unsere geplante Vergangenheit mit der Realitätabgeglichen. Doch schnell stand die Frage im Raum: Wenn man einfach den Text umschreibt, so weiß man plötzlich nicht mehr, was schon passiert und was noch geplant ist – der Text sah ja plötzlich gleich aus. 

Was aber schon passiert ist, will man ja nicht mehr ändern. Man braucht es nicht mehr umzuschreiben oder zu reviewen. 

Um das zu lösen, färbten wir einfach die Schrift im gesamten Dokument in blau. Das heißt, unsere erste Version am Anfang des Quartals, unsere Baseline, bestand ausschließlich aus blauem Text. 

Als wir dann anfingen, in dem Dokument die tatsächlich erreichten Ereignisse Stück für Stück einzutragen, passten wir die entsprechenden Passagen an und färbten sie schwarz. So, wie sie im finalen Dokument erscheinen würden. 

Aus …

“Im dritten Quartal haben wir das Projekt Unicorn abgeschlossen. Das Release verlief ohne Impact und alle 2368 Kunden konnten auf die neue Plattform migriert werden. Dadurch erzielten wir  eine Umsatzsteigerung von drei Prozent zusätzlich eine Steigerung der Kundenzufriedenheit um 2,3%. ”

… wurde …

“Im dritten Quartal haben wir das Projekt Unicorn abgeschlossen. Das Release verlief ohne Impact und alle 2414 Kunden konnten auf die neue Plattform migriert werden. Dadurch erzielten wir  eine Umsatzsteigerung von drei Prozent zusätzlich eine Steigerung der Kundenzufriedenheit um 2,3%.”

Den Teil, den ihr schon erledigt habt, könnt ihr entsprechend markieren und ggf. anpassen (im Beispiel steigt die Anzahl der zu migrierenden Kunden gegenüber eurer Planung am Anfang des Quartals).  Die noch nicht erreichten, oder bekannten Aspekte (im Beispiel die beiden KPIs) ließen wir einfach noch farblich markieren, bis zur letzten Version des Dokuments. Auf diese Weise nahm unser Report immer mehr Form an, bis ihr am Ende des Quartals nur noch eines machen musste – ihn zu verschicken. 

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Zum Schluss

History Writing ist eine einfache Methode, mit der ihr euch eine Menge Arbeit erspart, indem ihr eure Berichte nicht am Ende, sondern bereits am Anfang (und zwischendurch) schreibt. Klar, die Idee ist gar nicht so neu und beruht lose auf einem Press Release oder ähnlichen Formaten. 

Und ja, die Zeit, die ihr in das Schreiben eines Quarterly Business Reviews stecken müsst, wird sich nicht verkürzen. Ob am Anfang oder Ende eines Quartals geschrieben, den Inhalt zu erstellen kostet gleich viel Zeit.

Was ihr euch aber spart, ist einen ganze Menge Stress. Zusätzlich erhöht sich in der Regel die Qualität ihrer Dokumente, denn statt nur weniger Tage, habt ihr ein ganzes Quartal Zeit, um euer Dokument regelmäßig zu überprüfen und Fehler zu finden. 

Zusätzlich verhilft es euch auch zu einer besseren Planung, da ihr euch intensiv damit auseinandersetzen müsst, was ihr erreichen wollt, noch bevor ihr damit angefangen habt. Die Methode lässt sich natürlich nicht nur für Quarterly Reviews, sondern auch für andere Dokumente/Prozesse einsetzen. Probiert es aus. 

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