Führungsstile – Hier kommt Kurt

Heute starten wir einen Serie, in der es um verschiedene Führungsstile geht. “Wie, außer guter und schlechter Führung, gibt es noch etwas anderes”, denkt ihr euch jetzt vielleicht? 

Ja, gibt es. Und zwar eine ganze Menge. Und nicht erst seit der industriellen Revolution haben sich zahlreiche Forschungsgruppen mit diesem Thema beschäftigt. Denn gute Führung hängt von verschiedenen Faktoren ab, und situationsbedingt kann es sinnvoll sein, seinen Führungsstil zu ändern. Für eine gute Führungskraft ist es entscheidend zu wissen, welche Stile es gibt und wie man sie einsetzen kann.

In der grauen Welt des Management und Leadership gibt es eine Vielzahl an verschiedenen Stilen und Praktiken. Teilweise sind sie überlappend, teilweise werden einzelne Stile zu neuen Modellen zusammengefügt oder erweitert. Das kann auf den ersten Blick ziemlich verwirrend sein. Unser Ziel ist, ein wenig Klarheit in dieses Chaos zu bringen und einen Überblick zu schaffen, was es für Techniken gibt, um Menschen zu führen. 

Wir werden uns mit verschiedenen Begrifflichkeiten der Führungslehren befassen und auch schauen, wie sie zusammenhängen. 

Zum Start dieser Serie schauen wir uns drei klassische Führungsstile an, die von Kurt Lewin geprägt wurden. 

Fertig? Na dann los …

Hier kommt Kurt!

Gute Führung ist natürlich nichts, was einem einfach in die Wiege gelegt wird. Und auch definitiv nicht einfach. Denn gute Führung hängt vom Unternehmenskontext, den Firmenwerten, kulturellen Eigenheiten, den Mitarbeitern und vielen anderen Dingen ab. Und da das Thema sehr komplex ist, haben sich viele Leute mit ihm beschäftigt und verschiedene Führungsstile benannt oder entwickelt. So auch der Sozialpsychologe Kurt Lewin, der als Ergebnis seiner Forschungsarbeit ( “Patterns of aggressive behavior in experimental created ‘social climates’”) 1939 drei Führungsstile unterschied: den autoritären, den kooperativen und den laizze-fair Führungstil. 

Autoritärer oder Autokratischer Führungsstil

Beim Autokratischen Führungsstil steht an der Spitze der Führung – Achtung Überraschung – ein Autokrat. Sprich, eine Person, die vollkommene Kontrolle und Macht über die Entscheidungsprozesse in der Organisation hat. Ansagen werden Top-Down erteilt. Befehle sollen ohne Widerworte ausgeführt werden. Diskussionen und das Einbringen von eigenen Meinungen von Mitarbeitenden findet nicht statt.  

Klingt erst einmal gruselig? Dieser Führungsstil hat aber auch einen entscheidenden Vorteil: Entscheidungen werden schnell getroffen. Die Hierarchie ist klar. Rangeleien über Macht gibt es nicht, da diese nur von einer zentralen Autorität ausgehen. Diese Person trägt aber auch die Verantwortung für das Scheitern/Gelingen des Unternehmens, was die Verantwortung von den Mitarbeitern (zumindest teilweise) nehmen kann. Zudem gibt es in autokratisch geführten Organisationen in der Regel eine klare Beschreibung der Rolle bzw. Aufgabe. Über den Tellerrand zu denken wird nicht erwartet. 

Dies kann für man einen der größte Nachteil an Autokratien sein, da Kreativität und eigenständiges Denken arg eingeschränkt werden. Der einzelne Mitarbeiter ist in der Regel nur ein Werkzeug, um Kommandos auszuführen. Man kann quasi beim Betreten des Büros sein Gehirn an den Kleiderständer hängen. 

Ein autokratischer Führungsstil macht immer dann Sinn, wenn schnelle Entscheidungen ohne Diskussionen getroffen werden müssen und eine Person bereit ist, die vollständige Verantwortung zu übernehmen. Klassische Beispiele sind Militär, Katastrophen-Stäbe, Krisenmanager, Geiselnahmen. In solchen Szenarien, in denen Leben davon abhängen können, dass schnell und effizient Entscheidungen getroffen und umgesetzt werden, bietet sich autokratische Führung an. In modernen (IT-)Unternehmen, sollte man lieber Abstand davon halten. 

Demokratischer oder Kooperativer Führungsstil

Der demokratische oder kooperative Führungsstil zeichnet sich dadurch aus, dass die Mitarbeiter in die Entscheidungsprozesse mit eingebunden werden. Der Vorgesetzte stimmt Regeln, Ziele und Vorgehensweisen mit den Mitarbeitern an. Mitarbeitenden werden Aufgaben übertragen, die sie eigenverantwortlich lösen. Sie übernimmt die Verantwortung für das Gelingen (responsibility). Das bedeutet aber nicht, dass sie im Falle des Scheitern allein Rechenschaft abzulegen haben. Die übergeordnete Verantwortung (Accountability) liegt weiterhin beim Vorgesetzten, der den Mitarbeiter unterstützt und berät, allerdings nicht überwacht. Aufgaben werden an den Mitarbeiter delegiert und nicht diktiert. Auch Entscheidungen werden an Mitarbeiter delegiert, wobei aber die Führungskraft das letzte Wort hat. 

Der klare Vorteil dieses Führungsstils ist, dass Mitarbeiter den Erfolg des Gelingens für sich verbuchen können. Wenn eine schwierige Aufgabe eigenständig gelöst wird, hat dies in der Regel einen positiven Einfluss auf die Motivation. Zusätzlich  stellen sich bei  Mitarbeitern im kooperativen Führungsstil viel schneller Lernerfolgen und Weiterentwicklung ein, da der Mitarbeiter eigenständig das Problem angehen und lösen muss. Ihm wird nicht, wie im Autokratischen Führungsstil, vorgegeben, was er zu erledigen hat. 

Das Modell setzt allerdings eine intrinsische Motivation von Mitarbeitern voraus und erfordert auch vom Vorgesetzten, dass er ein Verständnis davon hat, welche Aufgaben seine jeweiligen Mitarbeiter gewachsen sind. Denn überfordert der Chef seine Mitarbeiter, und bleiben die Erfolge aus, können sich sehr schnell Unsicherheit und Frust breit machen. 

Du erkennst, dass du in einer demokratisch geführten Umgebung gelandet bist, wenn es eine (ernst gemeinte) Feedbackkultur gibt, oder du aktiv nach Verbesserungsvorschläge gefragt wirst, oder diese einbringen kannst. Wichtig ist hierbei, dass wirklich auf den Mitarbeiter eingegangen wird. 

Manche Autokraten versuchen sich an moderne Führungsstile anzupassen, meinen das aber nicht ernst. Wenn dein Feedback Memo nach dem Gespräch postwendend im Papierkorb landet oder der Chef jeden Verbesserungsvorschlag abnickt und ihn dann wieder vergisst, dann wird in der Regel nicht demokratisch geführt. 

Laissez-faire

Noch einen Schritt weiter geht der Laissez-faire (“Lassen Sie es einfach geschehen”) Führungsstil. Dieser Führungsstil gibt den Mitarbeitern einen sehr hohen Grad an Entscheidungsfreiheiten. Sie treffen alle Entscheidungen selbst, tragen aber auch die gesamte Verantwortung für ihr Handeln. Im Prinzip ist der Laissez-faire Führungsstil das genaue Gegenteil des autokratischen Stil. Während in der autokratisch geführten Umgebung der Vorgesetzte die aktive Rolle übernimmt und der Mitarbeiter nur passiv agiert, geht beim laissez-fairen Führungstil die Aktivität vom Mitarbeiter aus. Der Vorgesetzte rückt in den Hintergrund. 

Die Führungskraft delegiert nur die Aufgaben, hält sich aber in der Regel zurück, wenn es darum geht, wie diese Aufgaben ausgeführt werden.  Frei nach dem Motto: “Viele Wege führen nach Rom”, gibt die Führungskraft dem Mitarbeiter die Entscheidungsbefugnis über die Art, wie die Aufgabe gelöst werden soll. Dies schafft ein hohes Maß an Vertrauen und ermöglicht noch stärker als bei der kooperativen Führung, dass Mitarbeiter sich entfalten können und an ihren Aufgaben wachsen.  

Dieser Führungsstil muss allerdings auf zwei wichtigen Säulen aufbauen: Vertrauen und Vision

Der Vorgesetzte muss darauf vertrauen können, dass der Mitarbeiter die Aufgaben eigenständig lösen kann, bzw. bei Problemen eigenständig nach Hilfe fragt. Der Mitarbeiter muss wiederum darauf vertrauen, dass die Führungskraft bei Bedarf unterschützt und bei Fehlern nicht bestraft wird, sondern hilft, die Fehler beim nächsten Mal zu vermeiden.  

In der Laszive-fairen Führung suchen sich die Mitarbeiter aktiv die Aufgaben, die zu erledigen sind.  Sinn und Zweck gibt die Aufgaben vor, die zu erledigen sind. Die hohe Entscheidungsfreiheit führt zu einer sehr hohen Motivation der Mitarbeiter, kann allerdings auch zu einer Menge Chaos führen. Und sich auch in das Gegenteil verkehren. Denn da die Führungskraft nicht mehr stark in die Arbeit des Mitarbeiters eingebunden ist, kann Lob und Anerkennung ausbleiben, wenn der Mitarbeiter diese nicht von anderer Stelle bekommt. Dann kann das ganze System ins Stocken geraten.  

Die zweite Säule in laissez-faire Unternehmen ist eine klare Vision. Es ist wichtig, dass alle Mitarbeiter die Vision des Teams, der Abteilung, der Firma verstehen und auch motivierend finden. Denn nur, wenn der Mitarbeiter wirklich verstanden hat, in welche Richtung das Schiff segeln soll, können immer größere Aufgaben übernommen werden.

Laissez-faire ist besonders in Umgebungen geeignet, in denen die Förderung von Kreativität wichtig ist. Hierzu zählen häufig die Music-, Film-, und Entertainment-Branche und die Tech-Industry. Aber Vorsicht: Dieser Stil eignet sich nicht für jedes IT-Unternehmen. Je strikter die Branche durch Regularien beschränkt ist – bspw. um Menschenleben zu schützen (Medizin, Flug, Bahn) – desto weniger eignet sich das Ausleben von Kreativität. 

Möchtest du also den Laizzes-faire Führungsstil in deiner Firma fördern, schaue dir genau an, ob deine Branche auch dazu passt. 

Auch ganz junge Startups mit wenigen Mitarbeitern können lassize-faire sein. Jeder übernimmt Aufgaben, die benötigt werden, um das Unternehmen voranzubringen. Da fährt dann der Entwickler auch eigenständig die Lieferungen aus, oder der Gründer steht selbst im Hinterzimmern und packt die ersten Pakete seines neuen E-Commerce Geschäftes. 

Zudem findet laissez-faire in der Regel auch bei Open Source Projekten Anwendung. Oft gibt es dort keine Hierarchien oder nur sehr flache. Die Contributor arbeiten frei und suchen sich die Aufgaben heraus, auf die sie die meiste Lust haben, oder für die sie am besten bezahlt werden. 

Autokratie, Demokratie und Co

Fassen wir noch einmal kurz zusammen. Lewin unterschied also zwischen drei unterschiedlichen Führungsstilen: dem autoritären (autokratischen), dem partizipativen (demokratischen) und dem delegierenden (Laissez-fairen). 

Lewin betrachtete den partizipativen Führungsstil als effektivsten, was unter anderem daran liegen mag, dass Mitte des letzten Jahrhunderts das Informationszeitalter noch nicht begonnen hatte und Start-ups und Open-Source Projekte in der heutigen Form nicht existieren. 

Mit der Veränderung vom Industrie- zum Informationszeitalter hat allerdings auch der laissez-faire Führungsstil mehr Bedeutung bekommen, während autokratische Anführer (glücklicherweise) immer weniger werden. Für die meisten Unternehmen ist allerdings nach wie vor ein demokratischer Führungsstil am geeignetsten. Er verbindet zusätzliche Einbindung in Entscheidungsprozesse, was die Motivation steigert, gibt aber der Führungskraft die letztendliche Verantwortung, was den Druck von den Mitarbeitern nimmt. In solch einer Umgebung können sich Mitarbeiter ernst genommen, aber auch beschützt fühlen – beides Dinge, die vielen Menschen wichtig sind. 

Nachdem wir uns nun mit dem ersten Führungsstil Modell beschäftigt haben, schauen wir uns im zweiten Teil ein weiteres, verbreitetes Modell an, bei dem uns auch einer der bereits diskutierten Stile wieder über den Weg laufen wird. Gespannt? Na dann auf zum zweiten Teil der Serie. 

Related Posts

One thought on “Führungsstile – Hier kommt Kurt

Comments are closed.